Einst repräsentierte dieses Gotteshaus zu Konstantinopel das Machtzentrum des byzantinischen Imperiums und der Ostkirche.
Nachdem die zwei bescheideneren Vorläuferbauten jedesmal der Brandstiftung zum Opfer gefallen waren, ließ der byzantinische Kaiser Justinian diese imposante Kuppelbasilika von 532 bis 537 errichten. Geweiht wurde sie der „Heiligen Weisheit“ (griechisch: „Hagia Sophia“, türkisch: „Ayasofya“). Der Sakralbau diente als Krönungskirche der byzantinischen Kaiser, vor allem aber als Kathedrale des Ökumenischen Patriarchats von Konstantinopel.
Mit ihrer architektonischen Schönheit und Größe verkörperte diese letzterbaute spätantike Großkirche den Anspruch als geistliches Zentrum der Christenheit.
Ein tiefer Einschnitt war die Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453: Die Stadt wurde von den Truppen des Sultans geplündert. Währenddessen feierte man in der Hagia Sophia den letzten Gottesdienst. Die verängstigten Menschen flüchteten sich in das Gotteshaus, um hier sicher zu sein. Doch die osmanischen Eroberer missachteten das heilige und alte Schutzrecht des Kirchenasyls: Teils schändeten, teils töteten und größtenteils versklavten sie die schutzsuchenden Männer, Frauen und Kinder.
Die Glocken, Ikonen und christliche Insignien wurden entfernt, Mosaike und Wandgemälde teilweise zerstört oder übertüncht, Kreuze gegen Halbmonde ausgetauscht, später vier Minarette angebaut. So wurde das Kircheninnere zu einer islamischen Gebetsstätte umgestaltet, wobei man – zugegebenermaßen – recht schonend vorging und also nicht allzusehr in die Bausubstanz eingriff.
Die Hagia Sophia – nunmehr als muslimisches Gebetshaus – sollte sich stilbildend erweisen für die Moschee-Baukunst der Folgezeiten.
Auf Initiative Mustafa Kemal Atatürks wurde die Hagia Sophia 1935 zu einem Museum umfunktioniert.
Doch inzwischen gibt es Bestrebungen, die Hagia Sophia wieder als ein muslimisches beziehungsweise als ein christliches Gotteshaus zu nutzen:
Strenggläubige Muslime fordern die Rückumwandlung in eine Moschee. Christliche beziehungsweise orthodoxe Vertreter wünschen die Rückkehr zur ursprünglichen und längsten Nutzung als Kirche. Besonders Russland setzt sich für die Rückgabe der Hagia Sophia an die orthodoxe Kirche ein!
Eine alte griechische Sage erzählt davon, wie der Patriarch damals beim Eindringen der Osmanen in die Hagia Sophia gerade die gottesdienstliche Liturgie zelebrierte. Des drohenden Ansturmes der Feinde gewahr, habe er die Heilige Messe abgebrochen und sei mit allen liturgischen Gerätschaften auf geheimnisvolle Weise durch eine Wand entschwunden. Von hier aus werde der Patriarch einst zurückkommen, sobald die Hagia Sophia wieder eine christliche Kirche geworden sei. Dann werde er auch die unterbrochene Heilige Messe zu Ende lesen.
Noch ist der alte Patriarch nicht zurückgekehrt.
Pfarrer Christof Schumann, Johanngeorgenstadt
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