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- Petrus
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Andrea Vanni, Petrus; Mosaikbildnis 1390 Boston MFA
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Beginnen wollen wir mit dem wohl Bekanntesten: Petrus
Allerdings, ob Jesus ihn wirklich „Petrus“ genannt hat? Denn Petrus ist griechisch und bedeutet „Stein“. Da Jesus aber aramäisch gesprochen hat, wird er wohl das aramäische „Kephas“ verwendet oder ihn doch meist bei seinem Geburtsnamen gerufen haben: Simon („Gott hat gehört“).
Simon ist der Sohn eines Mannes namens Jonas oder Johannes. Sein Bruder Andreas gehört ebenfalls zum Jüngerkreis. Die Familie stammt aus Galiläa, und Simon kann seine Herkunft auch sprachlich kaum verleugnen – der galiläische Akzent ist unverkennbar. Von Beruf ist er Fischer und übt sein Handwerk am See Genezareth aus. Er ist verheiratet, doch über seine Frau schweigt die Bibel – lediglich die Schwiegermutter findet Erwähnung; denn sie braucht Heilung, die ihr durch Jesus widerfährt. Als Paulus um das Jahr 39 die Apostel in Jerusalem trifft, da erwähnt er in seinem Bericht, dass auch die Ehefrauen anwesend waren. (1.Kor.9,5).
Spätere Legenden kennen gar eine Tochter mit Namen Petronilla.
Ein außergewöhnlicher Fischzug bringt Simon auf die Spur Jesu. Zunächst aber ist er erschrocken. Als er die Menge an Fischen in seinem Netz sieht und ihm klar wird, dass dieser Fang etwas mit Jesus und mit dessen Nähe zu Gott zu tun hat, da will er Abstand: „Herr, gehe von mir fort! Ich bin ein sündiger Mensch.“ Doch Jesus geht nicht fort. In der Nachfolge Jesu wird aus dem Fische-Fischer ein Menschenfischer. Der Beruf also bleibt dem Simon – nur das Berufsbild ändert sich radikal.
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Im Wesen des Simon Petrus mag etwas Widerstreitendes gelegen haben. Das machen die einzelnen Geschichten in ihrer Unterschiedlichkeit deutlich. Jesus gibt ihm den Namen Petrus als Ehrenname – und will auf seinem Bekenntnis die Kirche bauen. Aber er nennt ihn auch Satan. Petrus will Jesus bei der Gefangennahme mit dem Schwert verteidigen – und verleugnet ihn noch am gleichen Tage. Der auferstandene Jesus demütigt ihn, trifft ihn bis tief ins Herz – und beauftragt ihn zugleich mit dem Hirtenamt für die junge Kirche.
Seine Pfingst- und andere Predigten sind beeindruckend und mutig. Auch ins Gefängnis bringt ihn sein Glaubensmut.
Zugleich aber muss er sich auch später immer wieder Vorhaltungen machen lassen von Paulus z.B., der ihm vorwirft, ein Wendehals zu sein (in der Frage des Umgangs mit Heidenchristen), von Gott z.B., der ihm im Traum klar macht, dass Gottes Wort mehr zu achten ist als althergebrachte theologische Einsichten. Dennoch bleibt Simon Petrus die unumstrittene Leitfigur im Apostelkreis.
Spätere Kirchväter benennen ihn als Bischof von Antiochia. Auch nach Rom soll er gelangt sein und ist dort möglicherweise um das Jahr 64/ 65 den Märtyrertod gestorben.
Simon Petrus ist ganz sicher ein beeindruckender Glaubensmensch. Noch beeindruckender aber ist, was Gott aus solch einer schwierigen Persönlichkeit machen kann. Das macht mir Mut. Dir auch?
Pfarrer Jens Giese, Sosa
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- Judas Thaddäus
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Judas Thaddäus
Dass es zwei Jünger Jesu mit dem Beinamen Judas gibt, dürfte wenigen bekannt sein. Selbst in der Aufzählung der Apostel in den Evangelien gibt es darüber keine Einigkeit. Während Matthäus und Markus „Thaddäus“ nennen, kennt Lukas einen „Judas, Sohn (oder Bruder?) des Jakobus“. In der christlichen Tradition werden die beiden Namen zusammengebracht. Da es ja übereinstimmend 12 Apostel gewesen sind, ist für einen Judas, der nicht gleichzeitig Thaddäus heißt, kein Platz mehr frei.
Dass es sich dabei aber nicht um den Verräter Judas handelt, wird im Johannesevangelium klargestellt: An der einzigen Stelle, an der Judas (Thaddäus) aktiv wird (Joh 14,22), fragt er Jesus, warum der sich nur dem auserwählten Kreis der Apostel und nicht aller Welt offenbart. Jesus antwortet nicht direkt auf diese Frage, sondern erklärt, dass alle, die ihn lieben einmal „in den Himmel kommen“ werden.
Sonst wissen wir aus der Bibel nichts über diesen Apostel. Umso gesprächiger sind die nachbiblischen Überlieferungen: Nach einer Legende, die Euseb im 3. Jh. in seiner Kirchengeschichte zitiert, soll Thaddäus nach der Himmelfahrt – beauftragt von Thomas – zum König Abgar von Edessa (in Kleinasien) gereist sein. Der war krank und hatte Jesus in einem Brief um einen Besuch und Heilung gebeten. In einem Antwortbrief kündigt Jesus die Entsendung einer seiner Jünger an. (Beide Briefe lagen Euseb, so schreibt er, im Original vor!) Thaddäus nimmt also ein (nicht von Menschen gemaltes) Bild mit auf die Reise. Der König wird gesund und der Apostel nutzt die Gelegenheit, das Evangelium dort zu predigen. Das Bild kommt später nach Konstantinopel, wird noch bis Ende des 12. Jahrhunderts als wundertätig verehrt und verschwindet nach der Eroberung der Stadt von der Bildfläche.
In der weitbekannten Sammlung der Heiligenlegenden aus dem Mittelalter, der „Legenda aurea“ wird uns berichtet, dass Thaddäus zusammen mit Simon dann in Persien als Missionar auftritt und in Babylon den König und dessen Hofstaat zur Annahme des Christentums bewegt. Die heidnischen Priester, die um ihren Job fürchten, stacheln das Volk daraufhin gegen die beiden Apostel auf. Ergebnis: Simon wird zersägt und Thaddäus mit einer Keule erschlagen. Wenn Sie also in einer Aposteldarstellung einen sehen, der entweder ein Bild oder eine Keule trägt, dann haben Sie Thaddäus gefunden.
Pfarrer Hans-Christian Moosdorf, Schönheide
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- Judas Ischariot
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Judas Ischariot
Dass er Jesus, der ihn einst zu einem seiner zwölf engsten Weggefährten berufen hatte und den er als so gütigen HERRN und Meister kannte, verriet, ist eine so unfassbar schreckliche Tat, dass Judas seither als Prototyp des Verräters gilt. Der Name ist so negativ belegt, dass er z.B. in Deutschland nicht vergeben werden darf.
Dagegen war „Judas“ – die griechische Form des hebräischen Vornamens Juda – zur Zeit Jesu ein beliebter Name. Der Beiname Ischariot mag darauf hindeuten, dass Judas aus der Stadt Karioth stammte. Wenn das zutrifft, dann war er der einzige Judäer unter den Aposteln, denn alle anderen kamen aus Galiläa.
Nach Auskunft des Johannesevangeliums war er mit einer besonderen Aufgabe im Kreis der Jüngerschar betraut. Er war nämlich für die Finanzen verantwortlich und verwaltete die Spendengelder. Dass er in dieser Aufgabe unzuverlässig war und Geld veruntreute, wird deutlich bei der Salbung Jesu durch Maria in Bethanien. Johannes berichtet: Da sprach … Judas Ischariot, der ihn hernach verriet: Warum wurde dieses Öl nicht für dreihundert Silbergroschen verkauft und das Geld den Armen gegeben? Das sagte er aber nicht, weil ihm an den Armen lag, sondern er war ein Dieb.
Und kurz nach diesem Ereignis wollte er dann das „Geschäft“ seines Lebens machen: Jesus gegen 30 Silberstücke verraten.
So wird in der bildenden Kunst ein prall gefüllter Geldbeutel zum Attribut des Judas, der im Übrigen zur Unterscheidung von den anderen Jüngern ohne Glorienschein, und oftmals rothaarig (= Verräter) und im gelben Gewand (gelb = im Mittelalter die Farbe für etwas Übles) dargestellt
Judas mit Geldbeutel beim letzten Abendmahl mit Jesus Ausschnitt aus: Mitteltafel des Reformations- altars in der Stadt- und Pfarrkirche St. Marien zu Wittenberg, 1530, von Lucas Cranach dem Älteren (1472 - 1553)
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wird.
Die Gelegenheit zum Verrat Jesu an die jüdische Tempelwache ergab sich für Judas dann im Garten Gethsemane, wo er seinen HERRN durch den sprichwörtlichen „Judaskuss“ identifizierte.
Als Judas erfuhr, dass Jesus zum Tode verurteilt wurden war, reute ihn seine Tat, die er aber auch durch Rückgabe der Silberstücke an den jüdischen Hohenrat nicht mehr rückgängig machen konnte. Das Urteil über Jesus war gesprochen.
Im Matthäus-Evangelium heißt es: Und Judas warf die Silberlinge in den Tempel, ging davon und erhängte sich.
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- Andreas
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Andreas
Der „Mannhafte“ – das ist die Bedeutung des Namens Andreas. Und die spätere Überlieferungen (u. a. die „Andreasakten“) haben reichlich Phantasie sprießen lassen, um den mannhaften Heldenmut des Apostels anschaulich zur Darstellung zu bringen.
Aus den Evangelien freilich erfahren wir nicht allzuviel über diesen Jünger:
Es wird vermerkt (Joh 1,44), dass er mit seinem Bruder Petrus aus Betsaida stamme, einer Stadt am See Genezareth. Beide Brüder sind ursprünglich Fischer gewesen. Nach der Erzählversion der drei ersten Evangelien sind sie am See Genezareth in Ausübung ihres Fischerberufes dem Jesus von Nazareth begegnet und von ihm – sozusagen im „Doppelpack“ – zu Jüngern berufen worden.
Ganz anders wird es im Johannesevangelium überliefert: Demnach ist Andreas ursprünglich ein Jünger des Täufers Johannes gewesen. Auf einen Hinweis des Täufers hin findet Andreas zu Jesus und schließt sich diesem als Jünger an. Dabei veranlasst er auch seinen Bruder Petrus, Jesusjünger zu werden.
Es ist (mit guten Gründen) anzunehmen, dass der Berufungsbericht des Johannesevangeliums der zutreffendere sein dürfte. (Sonst sind meist die drei ersten Evangelien näher am historischen Geschehen.)
Nach dem Kreuzestod Jesu und Ostern – so berichten die Kirchenväter und spätere Quellen – soll der Apostel Andreas u. a. in Griechenland, in Kleinasien, in der heutigen Ukraine und sogar in Georgien gewirkt haben. Andreas hat – so die Überlieferung – Maximilla, die Ehefrau von Aegaetus, des Statthalters der Provinz Achaja in Patras, von einer Krankheit geheilt und zum Christentum bekehrt. Als ihr Beichtvater und Seelsorger riet er ihr für die Zukunft zu strikter ehelicher Enthaltsamkeit. Maximilla befolgte diese Empfehlung konsequent, was den Ehemann sehr verdross und diesen gegen den Apostel und das Christentum aufbrachte: Vom Statthalter aufgefordert, dem christlichen Glauben abzuschwören, dachte Andreas überhaupt nicht daran – ganz im Gegenteil: Durch fortgesetzte Christuspredigt reizte der Apostel den Statthalter zur Weißglut. Aegaetus ließ den Andreas daraufhin foltern und verurteilte ihn zu schlechterletzt zum Tode am Kreuz. Da nun Andreas zum Kreuz geführt wurde, soll er glaubensfroh gesungen haben, so dass der Eindruck entstand, er freue sich auf seine Kreuzigung. Drei Tage soll er am Kreuz (in diagonaler Ausführung = „Andreaskreuz“) zugebracht haben – allerdings diese Zeit und Gelegenheit nutzend, um den zahlreichen Anwesenden das Evangelium zu verkündigen. Etliche Hörer waren so sehr von dieser glaubensstarken Persönlichkeit beeindruckt und gleichermaßen von Mitgefühl für diesen Delinquenten erfüllt, dass sie ihn vom Kreuz befreien wollten. Es hätte gelingen können! Allein, Andreas verbat sich diese Aktion und bestand auf seinem Martyrium.
In seiner Todesstunde soll ein helles Licht aufgeleuchtet sein. Als sein Todestag gilt der 30. November
Der Apostel Andreas steht in hohem Ansehen als Apostel Kleinasiens und Konstantinopels. Er gilt als erster Patriarch von Konstantinopel und wird als Nationalheiliger Russlands, Rumäniens und Schottlands verehrt.
Wenn die spätere Überlieferung das Leben des Apostels ins Phantastische verklärt haben mag, so haben diese Ausschmückungen und Übertreibungen doch auch eine erbauliche und glaubensstärkende Wirkung ausgeübt.
Der Hl. Andreas am Richtplatz, Martino Altomonte (1657 - 1745); Budapest, Museum der bildenden Künste
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Pfarrer Christof Schumann, Johanngeorgenstadt
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- Thomas
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Thomas
„Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich's nicht glauben.“ (Joh.20,25)
Mit diesem Satz hat sich Thomas den Beinamen ´der Zweifler` erobert. Ich gestehe: Immer dann, wenn eine der biblischen Gestalten ausbricht aus dem Rahmen, den wir von ihm erwarten und damit ungemein menschlich und begrenzt erscheint, dann wird er mir nah und in gewisser Weise auch sympathisch. Damit meine ich nicht, dass ich es gut finde, dass Thomas die Nachricht seiner Freunde von ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen anzweifelt. Aber ich kann ihn verstehen. Es ist doch zutiefst menschlich, dass wir nur das für denkbar halten, was auch unseren Erfahrungen entspricht. Und zu diesen Erfahrungen gehört, dass, wenn wir einen uns lieben und nahestehenden Menschen begraben haben, dass der dann nicht wiederkommt.
Natürlich ist Jesus nicht zu vergleichen mit einem unserer Verwandten. Er ist Gottes Sohn und die Jünger haben mit ihm Erstaunliches erlebt. Immer wieder wurden da Erfahrungen aufgebrochen und völlig Neues geschah.
Der ungläubige Thomas, Michelangelo Merisi da Caravaggio (1571 - 1610), 1600, Bildergalerie Friedrichs des Großen, Park Sanssouci, Potsdam
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Dazu gibt es Berichte von Trauernden, die beschwören können, ihre Verstorbenen zumindest gespürt, ihre Nähe gefühlt zu haben. Wer würde ihnen das nicht nachsehen? Wer würde sich das nicht mit einer tiefen Sehnsucht nach dem Verstorbenen erklären können? Thomas will sich von seinen Freunden nichts vormachen lassen. Er verweist ihr Erlebnis in den Bereich menschlich nachvollziehbarer Trauer. Er aber will etwas Handfestes, um die unerhörten Tatsache der Auferstehung zu akzeptieren, denn sie wirft alles bis dahin Gedachte über den Haufen.
Als Jesus ein paar Tage später wieder zu den Jüngern kommt, ist Thomas dabei. Und Jesus fordert ihn zu seiner ´handgreiflichen Überprüfung` auf. Jetzt übersteigt sein Bekenntnis alles bisher Gehörte: „Mein Herr und mein Gott“ Die Rüge Jesu: „Jetzt glaubst du. Selig sind die nicht sehen und doch glauben.“ trifft nicht nur Thomas, sondern auch mich. Natürlich will ich glauben. Aber komm ich an meinen Zweifeln vorbei? Brauche ich nicht Jesus, damit ich meine Zweifel unter die Füße bekomme? Was soll ich gegen meine Zweifel machen? Ist es nicht ehrlich, sie offen zu benennen?
Ja doch, denn nur, wenn ich sie nicht unter den Teppich kehre, wenn ich sie klar benenne, werde ich mich ihnen stellen und Hilfe finden können. Jesus, mein Herr, will mir so, wie einst dem Thomas helfen, über sie hinaus zu wachsen und zu einem Glauben zu finden, der jenseits aller Beweise dem Wort vertraut, das uns gesagt wird: „Er ist auferstanden. Er lebt!“ Passionszeit ist für mich auch die Zeit, mich meinen eigenen Zweifeln ganz ehrlich zu stellen und dabei fest darauf zu hoffen: Er, mein Herr, kann mir aus ihnen heraushelfen. Ja, er kann mich zu einem Menschen machen, der über seine Zweifel hinausgekommen ist und mit Thomas sagen kann: „Mein Herr und mein Gott.“ Dazu ist es wohl unabdingbar, mit mir selbst auch ehrlich zu sein. Denn nur so kann mein Herr mir helfen.
Die in Indien beheimateten Thomasianer führen ihre Entstehung auf die Missionstätigkeit von Thomas zurück. Wieder ein ermutigendes Zeichen dafür, dass sich unser Herr auch eines solchen Zweiflers bedient hat, um seine Kirche zu bauen. Oder mit Paulus gesprochen: „Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der da gerecht macht.“ (Rö.8,33)
Pfarrer Michael Poppitz, Stützengrün und Hundshübel
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- Johannes
Johannes
Wie sein Vater Zebedäus und sein Bruder Jakobus war der Apostel Johannes von Beruf Fischer am See Genezareth. Als Jesus ihm dort begegnet – das Lukas-Evangelium berichtet davon im Zusammenhang eines wunderbar großen Fischfangs der Männer (Lk 5, 1-11) – werden er und sein Bruder Jakobus zu Jüngern Jesu und Johannes im Laufe der Zeit zu einem von Jesu engsten Vertrauten. So nahm Jesus beispielsweise neben Petrus und Jakobus nur ihn mit zur Auferweckung der Tochter des Jairus (Mk 5, 37); und neben Petrus und Jakobus hatte Jesus nur ihn mit auf einen hohen Berg genommen, als er dann dort verklärt wurde (Mk 9, 2); und schließlich hatte Jesus neben Petrus und Jakobus nur Johannes bei sich, als er in der Nacht zum Karfreitag am Ölberg so verzweifelt zu Gott betete (Mk 14, 33)
Von daher könnte man auch annehmen, wie es altkirchliche Tradition tut, dass Johannes der im vierten Evangelium namentlich nicht benannte „Jünger, den Jesus lieb hatte“, also Jesu „Lieblingsjünger“, ist. Demnach lag Johannes beim Abendmahl am Gründonnerstag – damals bestand die Sitte des Tischgelages – an Jesu Brust (Joh 13, 23), und er war der einzige Jünger, der dem verhafteten Jesus bis unters Kreuz folgte (Joh 19, 25). Jesus vertraut ihm hier seine Mutter an (Joh 19, 27). Demnach war Johannes auch der erste Jünger am leeren Grab (Joh 20, 4f) und der erste, der den Auferstandenen bei dessen Erscheinen am See Genezareth erkannte (Joh 21, 7).
So wurde Johannes in der frühchristlichen Kirche zu einer ganz wichtigen Führungspersönlichkeit und Person höchster Autorität. Paulus bezeichnet ihn in seinem Galaterbrief neben Petrus und Jakobus als eine der drei „Säulen“ der Jerusalemer Urgemeinde (Gal 2, 9). Überhaupt: Johannes, dem schon Jesus aufgrund seines wohl energischen Charakters den Beinamen „Donnersohn“ gegeben hatte (Mk 3, 17), tritt jetzt unerschrocken im Tempel predigend auf (Apg 4, 1f.13); er bewirkt ein erstes Wunder nach Pfingsten, indem er zusammen mit Petrus einen Gelähmten heilen kann (Apg 3, 1-11), und er wird schließlich zur Stärkung der ersten außerhalb Jerusalems entstandenen Gemeinde nach Samaria ausgesandt (Apg 8, 14).
Jesus und Johannes; Byzantinische Ikone
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Justin der Märtyrerund Irenäus von Lyon berichten im 2. Jahrhundert davon, dass Johannes später in Ephesus gelebt habe, und zwar noch bis in die Regierungszeit von Kaiser Traian (98-117 n. Chr.).
Hoch betagt sei er dort schließlich eines natürlichen Todes gestorben und an der Seite des Apostels Philippus begraben worden, ergänzt der Kirchenhistoriker Eusebius von Caesarea im 3./ 4. Jahrhundert.
So endet mit dem Apostel Johannes die Zeit der Augen- und Ohrenzeugen Jesu.
Pfarrer Michael Lippky, Bockau
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- Simon Zelotes
Simon Zelotes
Über Simon ist uns nicht viel bekannt. Wer aufmerksam die Bibelstellen nachliest, in denen er auftaucht, wird zwei unterschiedliche Bezeichnungen finden. Matthäus und Markus benennen als Beinamen Kanans, Lk nennt Zelot. Die oft zu findende Lesart, die Simon als Kanaanäer begreift, geht wahrscheinlich auf einen Übersetzungsfehler des hebräischen Wortes zurück, das keinen Ort (Kanaan) bezeichnen will, sondern übersetzt soviel wie „eifern“ bedeutet. Das weist in die gleiche Richtung wie „Zelot“. Die Zeloten waren eine straff organisierte jüdische Sekte, die sich als schlagfähige Gruppe auch militärisch organisierte, um dem erwarteten Messias zur Verfügung stehen zu können. Zwar wissen wir nicht, wie es um Simons Temperament stand, doch es ist davon auszugehen, dass er nach Pfingsten als Missionar gen Osten gegangen sein wird. Die Überlieferung spricht von seinem Wirken in Persien oder Babylonien. Dort soll er schließlich auch den Märtyrertod erlitten haben. Auch hier weiß die Überlieferung mehr als die uns zugänglichen Quellen.
Zum Beispiel auch in der Raschauer Kirche finden wir Simon im Kreis der Apostel mit einer großen Säge dargestellt. Sie weist auf eine qualvolle Hinrichtung durch Zerteilen des Apostels hin. Andere sprechen davon, dass er den Kreuzestod erlitten haben soll. In allem – im Eifer, im Dienst der Mission und im Zeugnis bis in den Tod – ist Simon also ein Mann, der offenbar ganz und gar für Jesus brannte und dabei völlig von sich selbst abgesehen hat. Er stellt uns also mit seinem Leben die Frage: „Was bist du bereit, für Jesus einzusetzen?“ Dabei geht es im letzten nicht um ein besseres Christsein im Sinn von der größeren Leistung. Sondern es geht um die grundsätzliche Frage, ob Glaube denn allein eine innere Haltung sein kann, die niemanden etwas anzugehen braucht, oder ob meine Liebe zu Jesus auch sichtbar
Simon Zelotes; Ausschnitt aus einem Gemälde von Michelangelo Merisi genannt Caravaggio (1571 - 1610)
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werden kann, wenn nicht sogar sichtbar werden sollte. Was bin ich bereit, für meinen Herrn zu tun? Inwieweit stehe ich zu ihm auch öffentlich? Bin ich mit Stolz Christ? Es ist schon etwas Besonderes, Christ sein zu dürfen. Natürlich bin ich nicht etwas Besseres als alle anderen. Aber ich glaube, wenn Menschen, die mir begegnen, spüren, dass ich voller Freude Christ bin, dann kann da ein Funke überspringen..
Simon brannte offenbar für seinen Herrn. Und das ist etwas wirklich Wunderbares, das ich einem jeden, der sich Christ nennt, von Herzen wünsche.
Pfarrer Michael Poppitz, Stützengrün und Hundshübel
Zersägen des Hl. Simon Zelotes; Holzschnitt von Lucas Cranach d. Ä. (um 1512)
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- Matthäus-Levi
Matthäus Levi
Wo immer auch die Evangelien im Neuen Testament die Apostel auflisten – Matthäus Levi ist dabei. Die Evangelisten Matthäus, Markus und Lukas berichten davon, dass er Zöllner in der Hafenstadt Kapernaum ist. Als Zolleintreiber steht er in Diensten der Besatzungsmacht – und wird deshalb wohl von den meisten Juden verachtet. Sein Beruf lässt vermuten, dass Matthäus eine gewisse Bildung zu eigen war. Vom Zoll unmittelbar weg ruft Jesus ihn in die Nachfolge. Offen bleibt, warum Jesus ausgerechnet auf ihn zugeht, ihn ruft. Es gibt keine Erzählung, die Matthäus zuvor etwa als interessierten Predigt-Zuhörer erwähnt – oder als einen derer, die mit Jesus reden, ihn fragen oder prüfen wollen. Jesus sieht ihn, ruft ihn – und Matthäus steht auf und folgt ihm. Und das erste, das sie gemeinsam tun: Sie essen miteinander. Das Essen schafft eine besondere Beziehung zwischen Jesus und Matthäus. Von nun an gehören sie zusammen.
Die Väter der ersten Jahrhunderte gehen zumeist davon aus, dass „Matthäus“ und „Levi“ Namen derselben Person sind. Manche Theologen unserer Tage bezweifeln dies.
Die diversen Überlieferungen der ersten Jahrhunderte weisen ihm sehr unterschiedliche L
Hendrick ter Brugghen (1588 - 1629): Die Berufung des Matthäus-Levi
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änder als Wirkungsgebiete zu. Bis zum Jahre 42 soll er in Jerusalem gelebt haben.
Danach berichten verschiedene Autoren von seinem Predigtdienst in Mesopotamien, Persien und sogar Äthiopien.
Eine Legende erzählt, dass er den Tod durch einen Dolch fand, als er einem König die Heirat mit seiner Nichte untersagte. Andere berichten, er sei enthauptet oder auch verbrannt worden.
Der 21. September gilt in der evangelischen und der katholische Kirche als Gedenktag für Matthäus. In der orthodoxen Kirche wird seiner am 16. November gedacht.
Beeindruckend ist für mich immer wieder der sehr kurze Bericht über die Berufung des Zöllners Matthäus.
Es macht den Eindruck, als habe er dort an seinem Zolltisch gesessen und getan, was er eben alle Tage getan hat – und doch nur darauf gewartet, dass Jesus vorbeikommt und ihn ruft. Damit rechnen, dass Jesus ihn auch nur sieht oder gar anspricht, das konnte er nicht wirklich. Dass der Rabbi ausgerechnet ihn ruft – das ist eigentlich undenkbar. Und doch – als Jesus kommt und sagt „Folge mir!“, da findet Jesus den Matthäus bereit. Keine Ausflucht. Kein „Ich muss erst noch nach Hause und meiner Familie Bescheid sagen.“ oder „Ich muss hier erst noch aufräumen, die Unterlagen ordentlich zusammenlegen und das Geld sicher verwahren.“ Es heißt schlicht: „Und er stand auf und folgte ihm.“ Als hätte er eben doch erwartet, dass dieser Ruf kommt.
Auf welchen Ruf warten wir? Und kann ich auf Gottes Ruf heute so frei reagieren, wie Matthäus? Das gebe Gott.
Pfarrer Jens Giese, Sosa
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- Jakobus Zebedäus
Jakobus Zebedäus
In den Evangelien wird von drei Personen berichtet, die den Namen „Jakobus“ tragen: Da ist zunächst der „Herrenbruder“: Jesus hatte demnach einen Bruder dieses Namens. Dann gibt es den Jünger Jakobus Alphäus, auch „Jakobus der Jüngere“ genannt – in Unterscheidung zu „Jakobus dem Älteren“. Letzterer ist der Jünger, um den es hier geht.
Im Gegensatz zu Jakobus Alphäus, welchem man ein mildes und bescheidenes Wesen nachrühmt, ist Jakobus Zebedäus – wie auch sein Bruder Johannes – durch ein aufbrausendes Verhalten aufgefallen: Jesus muss das Brüderpaar jedenfalls als zwei Choleriker erlebt und ertragen haben, weshalb er ihnen denn auch den Spitznamen „Donnersöhne“ (Mk 3,17) verpasst hat.
Die Zebedäussöhne waren ursprünglich Fischer. Als Brüderpaar hat sie Jesus zu sich in seine Jüngerschar berufen. Gemeinsam mit Simon Petrus galten sie als die drei ihm am nächsten stehenden Jünger: So sollen die Zebedäussöhne und Petrus als Augenzeugen mit dabei gewesen sein auf dem Berg der Verklärung (Mt 17).
Und wiederum sind es diese drei Jünger, die im Garten Gethsemane ihrem Meister nahe sind und mit ihm beten und wachen sollen, jedoch immer wieder vom Schlaf übermannt werden.
Jakobus und sein Bruder Johannes werden uns in den Evangelien gezeigt auch in ihren menschlich-allzumenschlichen Wesenszügen: Da wird erzählt, wie sie bei günstiger Gelegenheit Jesus beiseite nehmen und für die Zeit seiner künftigen Königsherrschaft „hohe Posten“ innerhalb des himmlischen Machtapparates für sich herausschlagen wollen: „Gib uns, dass wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.“ (Mk 10,37). Mit diesem Ansinnen entlarven sie sich selbst: Sie offenbaren, dass ihre Jesus-Gefolgschaft nicht ganz selbstlos ist. Die Em
Albrecht Dürer, Jakobus der Ältere (1516) Florenz Galleria degli Uffizi
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pörung der übrigen Jünger über die Zebedäussöhne und deren karriereversessenes, anbiederndes Verhalten ist sehr gut nachvollziehbar. Die Donnersöhne zeigen sich hier gewiss nicht in einem vorteilhaften Licht. Dem Verfasser des Matthäusevangeliums war dies sicher bewusst. Wohl deshalb hat er in seinem Bericht die Zebedäus-Söhne etwas aus der Schusslinie genommen: Er lässt entlastungshalber die Mutter der Donnersöhne auf den Plan treten. Bei Matthäus ist es also nunmehr die ehrgeizige Mutter, die bei Jesus vorstellig wird und für ihre Söhne um die begehrten Ehrenposten im Himmel bittet. Nach dieser Erzählvariante werden die Zebedäussöhne „geschont“. Die „Peinlichkeit“ wird stattdessen ihrer Mutter „angehängt“. Die ältere Erzählvariante nach Markus, wonach die Brüder selbst die Bitte ausgesprochen haben, dürfte die zutreffendere sein.
Was daraus zu erkennen ist? Auch die Jünger und späteren Apostel sind Menschen gewesen mit ihren Stärken und Schwächen, mit „Ecken und Kanten“. Trotzdem hat Jesus diese „ausgeprägten“ Persönlichkeiten um sich geschart und hat es mit ihnen ausgehalten – gemäß der Maxime: „Nehmen sie die Menschen, wie sie sind. Andere gibt es nicht.“ Das Unvollkommene gehört zum Leben. Durch Unvollkommenes kann dennoch Bedeutendes geschehen. „Gott schreibt auch auf krummen Zeilen gerade.“
Pfarrer Christof Schumann, Johanngeorgenstadt
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- Jakobus der Jüngere
Jakobus der Jüngere
Wie wir bereits in der letzten Ausgabe der Kirchlichen Nachrichten im Beitrag über den Apostel Jakobus Zebedäus erfuhren, gibt es im Neuen Testament mindestens drei Personen mit dem Namen „Jakobus“.
„Jakobus“ ist die latinisierte Form des hebräischen männlichen Vornamens „Jakob“, den wir im biblischen Zusammenhang vor allem vom Stammvater des Volkes Israel kennen. Die Geschichte der Geburt Jakobs (1. Mose 25, 19-28) erklärt auch eine mögliche Bedeutung des Namens: „Als nun die Zeit kam, dass Rebekka gebären sollte, siehe, da waren Zwillinge in ihrem Leibe. Der erste, der herauskam, war rötlich, ganz rauh wie ein Fell, und sie nannten ihn Esau. Danach kam heraus sein Bruder, der hielt mit seiner Hand die Ferse des Esau, und sie nannten ihn Jakob. (1. Mose 25, 24-26)“ – „Fersenhalter“.
Nach einer anderen Herleitung bedeutet der Name „Gott möge schützen“. Im Neuen Testament trägt nicht nur der Vater des Apostels Judas den Namen Jakobus (vgl. Lk 6, 16; Apg 1, 13), sondern ebenso ein Bruder des HERRN Jesus, der vor allem später eine wichtige Rolle in der Leitung der Jerusalemer Gemeinde spielte (vgl. Gal 2, 9 u. 12), wahrscheinlich der Verfasser des Jakobusbriefes ist und, wie der spätantike Theologe und Geschichtsschreiber Euseb von Caesarea berichtet, den Beinamen „der Gerechte“ führte, als auch zwei der Jünger Jesu heißen so.
Der eine Jünger Jakobus war der Bruder des Jüngers Johannes und wie dieser ein Sohn des Zebedäus. Er trug den Beinamen „der Ältere“. Über ihn konnten wir in der Reihe „Die zwölf Apostel“ schon lesen.
Der andere Jünger Jakobus war der Sohn des Alphäus. Über diesen Jakobus wäre hier zu berichten, wenn wir von ihm,
Jakobus der Jüngere mit Tuchwalkerstange; Deckenfresko
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der in den Apostellisten immer an einer der letzten Stellen genannt wird (Mk 3, 13-19; Mt 10, 1-4; Lk 6, 12-16), mehr wüssten als nur seinen Namen. Annehmen darf man vielleicht, dass er es ist, der – möglicherweise wegen seiner kleinen Gestalt, in jedem Fall aber zur besseren Unterscheidung – den Beinamen „der Kleine“/ „der Jüngere“ (Mk 15, 40) trägt. Demnach gehörte seine Mutter Maria zu jenen Frauen, die Jesus nachfolgten (vgl. Mk 15, 40; 16, 1; Mt 27, 56; Lk 24, 10). Weitere gesicherte Einzelheiten können über diesen Mann aus dem allerengsten Kreis um Jesus nicht gesagt werden.
Das mag verwundern oder sogar enttäuschen. Seine Gefolgschaft zum HERRN allein zählt! Das gilt wie bei ihm so auch für uns.
In der Kunst wird Jakobus der Jüngere oft mit einer Tuchwalkerstange dargestellt, weil er der Legende nach mit einer solchen erschlagen worden ist. Wie auch immer: Er ruhe im Frieden Gottes!
Pfarrer Michael Lippky, Pfarrer in Bockau
Stephan Lochner, Martyrium des Jakobus des Jüngeren, nach 1435; Frankfurt a.M. Städel-Museum
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- Philippus
Philippus
Philippus stammt (nach Joh 1,44) aus Betsaida in Galiläa. Während die anderen Evangelien ihn nur unter den Jüngern erwähnen, finden wir bei Johannes mehrere Hinweise auf ihn.
So wird uns berichtet, dass er bereits unter den ersten Jüngern war, die Jesus berufen hat. Freudig nimmt Philippus die Einladung Jesu „Komm und folge mir nach!“ an und erzählt Nathanael davon: „Wir haben den gefunden, von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, Josefs Sohn, aus Nazareth.“ – Das ist ein erster Impuls. Philippus behält seine Einsicht offensichtlich nicht für sich. Er hält nicht verschämt zurück, was ihn begeistert, sondern seine Überzeugungen teilt er mit anderen. Es ist nicht einfach ein Gefühl, ein Strohfeuer, sondern ein Bekenntnis, das auf der Einsicht steht: Dieser Jesus ist der, von dem die Schrift Zeugnis gibt. Philippus kennt sich aus in seiner Bibel. Wie gut, wenn wir in ihr zu Hause sind und das, was wir erleben, ins Gespräch mit ihr bringen können. Doch damit ist Philippus offensichtlich nicht gegen alle Herausforderungen immunisiert. In Joh 6 lesen wir, dass Philippus angesichts der enormen Aufgabe, die Menschen, die zu Jesus kommen, auch satt zu machen, an seine Grenzen stößt. Er sieht auf die Möglichkeiten, die wir haben und schätzt nüchtern ein, dass die nicht ausreichen angesichts der Probleme, vor die wir gestellt sind. Dabei übersieht er, dass wir nicht allein sind, sondern in allem mit unserem Herrn rechnen können. Das ist ein unschätzbares Pfund, das uns im Glauben gegeben ist. Gott kann unserem Mangel aufhelfen. Das ist kein Automatismus, sondern eine Glaubensüberzeugung, auf die wir bauen dürfen. Ich bin nicht allein und nur auf mich und meine Kräfte zurückgeworfen. In dieser Zuversicht darf ich mich immer wieder an meinen himmlischen Vater wenden und ihn um seine Hilfe bitten.
Weiter schildert Johannes in den Abschiedsreden Jesu (Joh 14), wie die Jünger nach Sicherheit suchen. Philippus sagt: „Herr, zeige uns den Vater, und es genügt uns.“ Angesichts des Leides, das Jesus seinen Jüngern ankündigt, bitten sie um Gewissheit. Philippus bittet um etwas Greifbares. Wer würde sich das nicht auch so wünschen? Aber Jesus ruft sie ins Vertrauen. Die lange Zeit engster Gemeinschaft mit Jesus lässt Vertrauen nicht zur Selbstverständlichkeit werden. Sondern um Vertrauen müssen wir immer wieder ringen und gegen Zweifel ankämpfen.
Philippus ist nach Ostern in die Mission gegangen. Die Tradition kennt ihn als Missionar unter den Skythen. Dort soll er schließlich den Märtyrertod am Kreuz gestorben sein. Darum ist sein Attribut auch das Kreuz. Oft wird er auch mit der Bibel gezeigt. Philippus fordert uns heraus zu einem klaren
Philippus mit Buch und Kreuz, Fensterbild von Augustus Pugin (1812 - 1852) in der St. Aidan’s Cathedral, Enniscorthy, Irland
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Bekenntnis zu unserem Herrn, das sich stärken lässt durch das Wort, die Heilige Schrift. Dass sich dieses Bekenntnis immer wieder bewähren muss, hat Philippus gelernt und versucht, zu leben. Darin ist er uns ein gutes Gegenüber.
Pfarrer Michael Poppitz, Pfarrer in Stützengrün
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- Bartholomäus
Die Konfirmandin Chantal trifft den Apostel Bartholomäus zum Interview.
Ch: Hallo, ich bin die Chantal und mit wem hab ich die Ehre?
B: Bartholomäus nennt man mich. Das würde bei euch so etwas wie „Bauernsohn“ heißen.
Ch: Eh Leute, habt ihr alle so komische Namen? Ich werde dich einfach Bart nenne, wie Bart Simpson. Da kann ich mir wenigstens was drunter vorstellen. Kennst du den?
B: Klar, das ist doch dieser freche Rotzlöffel aus der Simpson-Familie. Ich bin schließlich nicht von gestern!
Ch: Nicht von gestern? Der ist gut! Schließlich warst du doch einer, von den Freunden von Jesus – und das dürfte jetzt so gestreckte 2000 Jahre her sein!
B: Ok, wenn du meinst – ich hab auch noch was anders zu tun, als mit Gören zu schwätzen!
Ch: Jetzt sei doch nicht gleich beleidigt, Bart. Ich mein ja nur – das ist schon ganz schön lange her! Eigentlich bin ich ja nur hier, um zu erfahren, wie das damals war mit dir und Jesus. Wie bist du eigentlich an den geraten?
B: Ach, nicht so wichtig!
Ch: Na höre mal, was heißt nicht so wichtig. Auch bei uns gibt es noch Menschen, die sich zu den Freunden und Freundinnen von Jesus zählen. Ich z.B.. Und alle haben ihre Geschichte, wie sie dazugekommen sind. Das ist das eigentlich Spannende. Christ wird man ja nicht, weil man zu einem bestimmten Volk gehört, wie Engländer oder eben Jude.
B: Na gut, aber das ist etwas peinlich.
Ch: Ok, bleibt unter uns, Bart!
B: Also, ich war noch ziemlich jung. Und so ein bisschen auf Kontra, wenn du verstehst, was ich meine.
Ch: Cool – also du hast dir nicht so leicht ein X für ein U vormachen lassen, und wenn da irgendeine Respektsperson etwas behauptet hat, bist du auch nicht gleich darauf abgefahren.
B: Genau! Und da kommt doch eines Tages Philippus, ein Freund meines Vaters, aus dem Nachbardorf Bethsaida zu mir – völlig high und mit leicht verdrehten Augen – und erzählt irgend etwas von einem Jesus, der der verheißene Retter sein soll, den unsere heiligen Schriften vorhergesagt haben. Er wäre ein Sohn des Joseph und käme aus Nazareth. Da war für mich Schluss!
Ch: Äh, wieso? Na ja, klingt alles etwas überdreht, aber kann doch so gewesen sein oder?
Michelangelo, Rom, Sixtinische Kapelle. Apostel Bartholomäus mit Messer und seiner abgezogene Haut. (Er selbst sieht relativ unversehrt aus.) Das Bild auf der Haut soll ein Selbstportrait Michelangelos sein.
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B: Ich bitte dich: Nazareth! Verstehst du? Aus Nazareth hat er gesagt. Der Messias kommt aber nicht aus einer dreckigen Provinzstadt in Galiläa! Der ist der Nachfolger des Königs David und kommt deshalb aus … . Na – das weiß doch jedes Kind!
Ch: Kein Plan, Bart, mach’s nicht so spannend!
B: Na aus Bethlehem. „Was soll denn aus Nazareth schon Gutes kommen“ – ich hab‘s dummerweise damals nicht nur gedacht.
Jedenfalls bin ich mit Philippus mitgegangen, und kaum hat mich Jesus gesehen, da bekam der fast einen Lachkrampf: „Schaut ihn euch an, Leute“, sagte er lachend und zeigte auf mich „Durch und durch ein waschechter Mann aus Israel. Der hatte seine Überzeugung schon in Stein gemeißelt, bevor er auf die Welt kam!“ Das ist so ein Sprichwort bei uns, musst du wissen – und leider kein Lob.
Ch: Na und dann?
B: Ja, ich hab mich natürlich ertappt gefühlt. Woher kannte der mich? Hat mich ja noch nie gesehen! Jesus muss wohl mitbekommen haben, was ich kurz vorher über ihn gesagt hatte, das von Nazareth und so.
Ch: Und du bist dann nicht einfach wieder abgezogen? Ich weiß nicht, wenn ich mit jemandem zusammenleben müsste, der mich immer sofort durchschaut …?
B: Nein, von da an war ich auf der Seite von Jesus! Mag sein, dass er immer wusste, was ich dachte, und bestimmt kamen da noch ganz andere Gurken ans Licht als dieser dämliche Spruch damals. Aber Jesus hat mich sofort in sein Herz geschlossen, obwohl er mich durch und durch kannte. Das will was heißen.
Ch: Wem sagst du das. Aber eh – mal was anderes. Wenn ich hier in meiner Bibel diese Geschichte suche, dann schreibt dort Johannes was von Nathanael, nicht von Bartholomäus. Warst also du gar nicht du?
B: Na doch. Hatte ich das nicht erwähnt? Mein voller Name ist Nathanael, Bar Tholmai. Also Bartholomäus, „Sohn des Bauern“, wie ich schon sagte, ist mein Zuname. Eigentlich ist der erste Name schöner: „Gott hat gegeben“ heißt das. Und mir hat Gott jedenfalls eine ganz neue Sicht auf die Welt gegeben und eigentlich auch so was wie ein neues Leben.
Ch: So etwa, wie es dann Jesus kurz hinterher dem Nikodemus versucht zu erklären: „Du musst von neuem geboren werden“?
B: Ja, wenn man sich auf Jesus eingelassen hat, war das tatsächlich so, als wenn man noch einmal auf die Welt kommt. Total neu alles und anders als vorher.
Ch: Nun erzähl uns aber noch mal, wie es weiterging, Bart! Also nachdem Jesus nicht mehr da war. In der Apostelgeschichte hört man von dir ja nichts mehr!
B: OK, da waren andere wichtiger: Petrus und Johannes und dann Paulus natürlich. Aber ich bin auch ganz schön rumgekommen. Ich war in dem Gebiet, das ihr heute Armenien nennt. Die Tochter des Königs Polymios hatte eine schlimme Krankheit. Mit Gottes Hilfe ist sie gesund geworden. Der König und die ganze Stadt haben sich darauf zu Christus bekehrt und die Götzen-Standbilder umgestoßen. Aus einem dieser gestürzten Statuen ist dann auch noch eine grässliche Gestalt ausgefahren: „schwärzer als Ruß, mit scharfem Angesicht, langem schwarzem Bart und schwarzen Haaren, die bis auf seine Füße gingen, die Hände aber mit feurigen Ketten auf dem Rücken gebunden.“ - so hab ich das jedenfalls damals gesehen.
Ch: Buh, krass. Muss der Teufel selbst gewesen sein.
B: Keine Ahnung – gefährlich war der aber nicht. Der Bruder des Königs schon. Der hat das ganze Land gegen Polymios und gegen mich aufgewiegelt. Und das konnte nicht gut ausgehen.
Ch: Ja, hab davon gehört: Man hat dir bei lebendigem Leib die Haut abgezogen, wird erzählt, gruselig! Deshalb wirst du ja immer mit einem großen Messer dargestellt. Ich hab dich sofort erkannt.
B: Und dann haben sie mich hinterher gekreuzigt, wie Jesus Christus auch.
Übrigens, wenn du mal nach Frankfurt kommst: Dort im Dom bewahren die Leute einen Teil meines Kopfes auf.
Ch: Ohne Haut, nehm ich an und wahrscheinlich auch ohne Namensschild auf der Stirn?
B: Na, daran glauben musst du schon. Aber wichtiger ist es, dass du an Jesus Christus glaubst und von dem gibt es keine Reliquien.
Ch: Tu ich doch, Bart. Aber jetzt muss ich los. Tschüss und vielen Dank für das Interview.
Pfarrer Hans-Christian Moosdorf, bis Aug. 2019 Schönheide, jetzt Leipzig
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